Gefühle verstehen
Das Umfeld, in das wir hineingeboren werden, bestimmt unsere emotionale Entwicklung. Finden wir ein Umfeld vor, das im Spüren verankert ist, lernen wir, unsere Gefühle verstehen. Stoßen wir auf ein emotional blockiertes Umfeld, in der Gefühle keinen sonderlichen Stellenwert haben, kann sich unser Empfinden nicht vollständig entfalten. Die Möglichkeit des emotionalen Lernens bleibt uns aber lebenslang erhalten. Daher ist es nie zu spät sich den eigenen Empfindungen zuzuwenden und Gefühle verstehen zu lernen.
Spüren, was ist
Bindungsentwicklung
Emotionale Wahrnehmungsschwäche
- generelle Schwierigkeiten haben, unsere Empfindungen wahrzunehmen – wir spüren uns kaum und gehen davon, dass wir nicht sonderlich emotional sind
- oder partielle Probleme mit der emotionalen Wahrnehmung haben – wir nehmen zwar Gefühle wahr, haben aber nicht gelernt das komplette Gefühlsspektrum wahrzunehmen. Können wir beispielsweise keine Aggression in uns erkennen, fühlen wir uns auch nie aggressiv.
Emotionale Bewertung
- Wenn ein Vater seinem Sohn vorlebt oder erklärt, dass Männer nicht weinen, lernt dieser, dass Traurigkeit ein Zeichen von Unmännlichkeit ist. Er wird versuchen nicht traurig zu sein.
- Wenn eine Mutter ihrer Tochter vorlebt oder laufend sagt, dass Mädchen nicht aggressiv sind, dann lernt dieses, dass ihre Aggression böse ist und es keine aggressiven Empfindungen haben soll.
Der Wunsch nach positiven Empfindungen
Emotionale Abwehr / Unterdrückung
Haben wir gelernt, dass ein Gefühl schlecht ist, lehnen wir nicht nur dieses Gefühl ab, sondern wehren es auch ab. Wir wollen dieses Gefühl nicht haben, es nicht spüren! In diesem Fall wäre zwar die Fähigkeit gegeben, das Gefühl wahrzunehmen, doch wir erlauben uns nicht, das Gefühl zu haben. Hinter einer emotionalen Abwehr stehen meist erworbene Glaubensmuster, wie:
- „Wenn ich traurig bin, wenn es mir nicht gut geht, belaste ich andere!“
- „Zeige nie, dass du verletzt bist, denn andere nutzen das nur aus. Dann werde ich noch mehr verletzt oder gebe dem anderen auch noch die Genugtuung, mich verletzt zu haben!“
- „Wenn ich traurig oder bedürftig bin, jemanden brauche, mich hilflos, ohnmächtig, ausgeliefert fühle, dann bin ich schwach!“ – gewisse Gefühle und Empfindungen gelten als Eingeständnis der eigenen Schwäche und werden daher gemieden.
- „Wenn ich Aggression, Neid, Eifersucht oder Schadenfreude verspüre, bin ich böse.“ – manche Empfindungen darf man nicht haben, weil man sich sonst als schlechter Mensch fühlt.
- „Ich habe keinen Grund traurig zu sein, es ist doch alles gut!“
In der emotionalen Abwehr erlauben wir uns nicht, das zu spüren, was wir fühlen.
Unterdrückte Gefühle lösen sich nicht auf
Unterdrückt jemand über einen längeren Zeitraum seine Wut, nimmt er diese irgendwann nicht mehr wahr. Das bedeutet aber nicht, dass sich seine unterdrückte Wut aufgelöst hätte. Das Unterdrückte wird lediglich vom Betroffenen selbst nicht mehr wahrgenommen. Das Umfeld jedoch, welches die Wut nicht unterdrückt, kann diese noch wahrnehmen und reagiert darauf. Häufig lösen Menschen, die ihre Wut unterdrückt haben, im Gegenüber ziemliche Aggressionen aus.
Gefühle wie Wut, Kränkung, Schmerz, Trauer oder Schuld lösen sich nicht auf, nur weil wir sie verdammen und ignorieren!
Das emotionale Ausagieren
Emotionaler Ausdruck
Es gibt unterschiedlichen Formen des emotionalen Ausdrucks:
- über den Körper, die Mimik, Gestik, Haltung oder Stimmlage – häufig geht mit dem Gefühlsausdruck eine Veränderung von Körperspannung und Atmung einher
- ausgedrückt über die Sprache – wir reden über unsere Gefühle, lassen andere an unseren Gefühlen teilhaben
- auch Handlungen, kreative wie Schreiben, Zeichnen, Tanzen, oder über körperliche Aktionen wie Sport, können wir ebenfalls Gefühle ausdrücken
Der emotionale Ausdruck entlastet die Psyche. Können wir unsere Gefühle zeigen und darüber reden, dann wird es für andere einfacher uns wahrzunehmen und zu verstehen. Gelingt der emotionale Austausch, entsteht emotionale Nähe.
Unsere emotionale Reaktion
Nehmen wir das Beispiel der Überforderung. Sind wir überfordert, brauchen wir Unterstützung. Eine gute Strategie, um eine Unterstützung zu erreichen, wäre es, unseren Gegenüber zu informieren, dass wir überfordert sind, und um Unterstützung zu bitten. Schaffen wir es, klar zu artikulieren, was wir brauchen, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass wir es bekommen. Haben wir jedoch nie gelernt, unsere Bedürftigkeit zu zeigen und klar zu sagen, was wir brauchen, wählen wir andere emotionale Strategien. Dann machen wir dem anderen beispielsweise Vorwürfe, klagen an, beschuldigen den anderen, nicht genug zu tun oder nie zu helfen. Mit dieser Reaktion erfahren wir wahrscheinlich wenig Unterstützung.
Nehmen wir als letztes Beispiel die Angst. Haben wir Angst, brauchen wir Sicherheit und Beruhigung. Auch hier gilt: gelingt es auf andere zuzugehen, zu zeigen, dass wir Angst haben, und um eine Unterstützung zu bitten, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass andere für uns da sind und uns helfen. Neigen wir hingegen dazu, niemanden zu sagen, dass wir Angst haben, bekommen wir auch keine Reaktion. Noch schlimmer wird es, wen wir die Angst in uns nicht beruhigen, sondern uns vorstellen, was alles Schlimmes passieren könnte. Dann verstärken wir die Angst. Es ist gut, wenn wir darauf achten, was wir fühlen, und uns auch bewusst werden, wie wir auf unsere Gefühle reagieren.
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Ihre Heilpraktikerin für Psychotherapie und Kunsttherapeutin Ute Steinke-Spangenberg aus Stuttgart Degerloch